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Die Monate im Lauf des Sonnenjahres
Sigel semannum symble biþ on hihte,
Sonne ist immer eine Freude der Seefahrer
Sterne über Yggdrasil Nachdem wir nun über die 10 Sonnen- bzw. Mondjahre nebst Meton-Zyklus hinaus die vier Jahreszeiten sowie die Wochentage entdeckt haben, liegt es nahe, nach den 12 Monaten des Jahres zu suchen. Wie dargelegt, scheint die Rosette des Magierbildes mit ihren 13 Strahlen auf ein lunares Jahr hinzuweisen.1 Hier nun, auf dem Deckel, mag eine (goldene?) Scheibe mit 12 Strahlen als Abbild der Sonne verschraubt gewesen sein. Das allein wäre recht spekulativ. Da es hier aber 12 „Punktmarken“ gibt – 5 bei Ægil, 3 bzw. 2 mit den beiden nackten Gestalten und 2 weitere zwischen den Füßen des Riesen mit Helm und Speer – wird diese Annahme wahrscheinlicher. Wenn wir nun die Punktmarken als Stellvertreter für Runen ansehen, erreichen wir die 12te Rune des fuþark/fuþorc, Y (ger, Jahr), was genau in diesen Kontext passt. Für das Mondjahr wäre es die 13te Rune, wenn man das fuþark von hinten nach vorne liest.
Wir setzen nun diese 12 Punktmarken mit den 12 Monaten des Jahres gleich und beginnen mit den zwei Punkten zwischen den Füßen des Riesen mit Schild und Helm.
Das runenähnliche Symbol , die Eibenrune, steht für den Kreislauf von Leben, Tod und Wiedergeburt.2 So gesehen kennzeichnen die beiden Punktmarken den letzten Monat des alten bzw. den ersten Monat des neuen Jahres, (also Wintersonnenwende) als Tod und Auferstehung des Lichts (Jul). Es sind die Monate Ærra Geola (Vor-Jul) und Æfterra Geola (Nach-Jul). Da die Jahreswende sich an dem Tiefststand der Sonne orientiert, sind die letzten Dezembertage dem Neuen Jahr zuzurechnen. Dementsprechend verschieben sich alle Folgemonate. Der Stand der Sonne am Jahresende liefert somit den Stoff für das Sterben und Auferstehen der Gottheit des Lichts, hier wohl die Sonne selbst.3.
Der nächste Monat, Ðrimilcemonað (April/Mai), ist Ægil zugeordnet und führt zur Sommersonnenwende, Liþa. Wie bei Geol, so unterscheiden wir auch hier den Monat davor und den danach als Ærre and Æfterra Liþa Die Herbst-Tag-und-Nachtgleiche kommt um den 21. des 9ten Monats, der in Winterfylleð übergeht, welcher dem unbekleideten Krieger unterhalb der Scheibe zugeordnet ist. Dieser Monat stellt nach Beda den Anfang des Winterhalbjahrs dar4 Dem folgt als 11ter und letzter Monat vor Geol der Blotmonað, so genannt nach der großen Winterschlachtung.
Der Zyklus endet mit dem 12ten Monat (Ærra Geola), der Geol (Jul) einleitet und somit zum Reich der beiden Riesen gehört. Zusammen mit dem ersten Monat (Æfterra Geola) des neuen Jahres, das mit Mōdraniht (Mütternacht) beginnt, symbolisiert dieses Duo Tod und Wiedergeburt der Sonne, ähnlich der Vorstellung vom “ Dies Natalis Solis Invicti ”, dem Geburtstag der ‚Unbesiegten Sonne’. Folgerichtig heißt der Februar als erster Monat nach Geol „Solmonað“ (Sonnenmonat). Sollte das germanische Jahr, wie Tacitus (Germania, 26) berichtet, tatsächlich nur 3 Jahreszeiten kennen, dann würde das Neue Jahr (Frühling) mit eben diesem Monat beginnen. Der Sommer setzt in dieser Ordnung mit dem Ðrimilcemonað, während der Winter als dritte Saison mit Winterfylleð, dem ersten Wintermonat einsetzt und mit dem Blotmonað endet, dessen Name – obwohl vermutlich von der Herbstschlachtung her kommend – in die Richtung Tod bzw. sterbende Sonne deutet.
Mit Blick auf das Deckelbild erkennen wir nun in den Protagonisten jene Riesen und Götter, die um die Sonne streiten, die einst hier als (goldene?) Scheibe im Zentrum des Geschehens stand. Da die beiden Geol-Monate die Wintersonnenwende rahmen, stehen sie symbolisch für Tod und Wiedergeburt. Hier nun versinnbildlicht der Riese mit den zwei Punktmarken und dem Eibensymbol zwischen Füßen den Vor-Jul (Ærre Geola) als letzten Monat des sterbenden Jahres, da er hinterrücks von dem Schwert des gebückt Davonlaufenden getroffen wird. Demnach wird der zweite Riese für Nach-Jul (Æfterra Geola) stehen, für den ersten Monat des Neuen Jahrs. Ihr Gegenspieler ist der Bogenschütze Ægil, der über fünf Sommermonate wacht, darunter auch die beiden Liþa-Monate, die die Sommersonnenwende rahmen. Unter dem Bogen hinter ihm können wir eine Gottheit (Woden/Odin?) vermuten, die ihm beisteht. Es wird Odins Gemahlin Frigg mit ihrem Spinnrocken sein, mit dem sie die Wolken webt. Für diese Annahme spricht, dass diese Platte, als Teil des Kalenders verstanden, für Freitag (Frigges dæg) steht. Begreifen wir die Szene als Schlacht der Jahreszeite, dann wehren die 7 Pfeile (Vergleichbar mit dem Sternbild des Siebengestirns den Angriff der winterlichen Frostriesen ab.
Man ist versucht in diesem Zusammenhang nach Baldr Ausschau zu halten, obwohl er in der angelsächsischen Tradition – falls er je in ihr gelebt haben sollte – keine Spuren hinterlassen hat. Einer der Angreifer ist von einem Pfeil in die Brust getroffen; aber was sucht Baldur unter den Widersachern Ægils? Eine solche Deutung geht davon aus, dass wir es mit einer mythologischen Szene zu tun hätten. Wenn das Bild aber keine Szene, sondern Emblem ist, dann steht dies für den Kreislauf von Geburt, Tod und Wiedergeburt, vom Auf- und Niedergang der Sonne, ein Zyklus, für dessen Stabilität die Asen eintreten. Die beiden Riesen verkörpern das Chaos, das die kosmische Ordnung bedroht. Ihnen tritt der Bogenschütze aus den Reihen der Asen entgegen. Als Emblem könnte er auch für das Sternbild stehen, welches sich in der griechischen Mythologie als Zentaur an Achill (namensähnlich dem Ægil hier) heftet.
Asgard: Der Himmel als Schicksalslenker
Wenn nun die Runeninschriften auf den Seitenplatten nach ihrer Runenanzahl für 10 solare Jahre stehen und nach ihrem Runenwert für 10 lunare Jahre, synchronisiert und „geschaltet“ durch einen „methonischen Zyklus“, wenn die Bilder die Jahreszeiten, Monate und Wochentage widerspiegeln und das ganze Gefüge den erwünschten Lebenslauf seines königlichen Besitzers lenken soll, dann ist es nur folgerichtig, wenn über diesen irdischen Szenen – auf dem Deckel
Zur linken Platte gelangen wir dem Lauf der Sonne folgend. Die Darstellung von Romulus und Remus als Säuglinge bei der Wölfin (Lupa) steht für das Frühjahr. Der Gott hinter dieser Szene ist Thor, dem die Rune für rad (Þunorrād, die Ausfahrt mit dem Donnerwagen) zuzuordnen ist. Innerhalb der bäuerlichen germanischen Gesellschaft wurde er als Vegetationsgottheit verehrt. Nach unserer Deutung beschreibt diese Seite die Vorbereitung für die Ausfahrt des jungen Kriegers, eine Entwicklung, die dem Frühjahr entspricht.
Die Rückseite schildert den Sieg des Titus, des späteren römischen Kaisers, über die Juden. Dies ist der Höhepunkt im Kriegerleben, bewaffnet im Kampf, siegreich und gerecht. Über die Rune die Sieg und Gerechtigkeit verheißt, gelangen wir zum alten Kriegsgott Tyr, der Patron dieser Epoche ist.
Die rechte Platte schließlich schildert den Tod auf dem Schlachtfeld und die durch Woden/Odin bewirkte Auferstehung nach Walhall. Die Rune (Hagel, Verderben) führt diesen von der Walküre bereiteten Tod herbei, die Rune wendet ihn zur Auferstehung nach Walhall. Wenn die Vorderseite an diese Thematik anknüpft, so setzt sie damit den ewigen Kreislauf fort, den die kosmische Ebene beschreibt.
Woden, der Gott hinter dieser Seite, ist der Namenspatron von Wednesday.
So betrachtet haben die irdischen Ereignisse ihre Entsprechung in den Sternen. Da aber – neben Sonne und Mond – die Sterne den Göttern entsprechen, beugt man sich deren Willen. So heißt es zur Rune „Tiw ist ein Leitstern, gut hält er seine Treue den Fürsten; er ist immer auf seiner Bahn über den Nebeln der Nacht, und versagt niemals.“ Der Gürtel des Orion und die Plejaden am Sternenhimmel Entfernen wir nun alles Szenische oder Emblematische des Deckelbildes, dann bleibt eine Konstellation von Punkten rund um die Scheibe im Zentrum, die an einen Sternenhimmel – ähnlich dem auf der 2000 Jahre älteren Himmelsscheibe von Nebra – denken lässt. Es dürften jene Gestirne sein, an denen sich einfachere kalendarische Beobachtungen der Landwirtschaft und der Schifffahrt orientierten, und das sind Sternbilder, die den Beginn oder das Ende einer Jahreszeit anzeigen.
Um im Jahreszyklus zu bleiben, beginnen wir mit dem Segment [oben links], das auf Æfterra Geola folgt und für Solmonað (Februar) und Hreþmonað (März) steht. Hier stehen drei Sterne in einer Reihe und entsprechen damit dem Gürtel des Orion, bestehend aus den drei Sternen Mintaka, Alnilam und Alnitak in jeweils genau 10 Abstand voneinander. Der Orion gehört zu den Sternbildern des Winterhimmels und wird im Februar am Abendhimmel sichtbar um sich von dort Mitte April zu verabschieden. Und genau diese drei Monate in unserer Grafik [Abb. 2] korrespondieren mit den drei Sternen, die hier waagerecht, also so wie bei ihrem scheinbaren Untergang (das Verschwinden des Gestirns unter dem örtlichen Horizont) dargestellt sind. Zu dieser Deutung für den germanischen Raum um 650 AD passt zudem, dass man in den drei Sternen einen Pflugstock sah, was auf Frühjahr und Landwirtschaft hinweist. Bei den Wikingern fand sich zudem oft die Interpretation, wonach im Orion der Gott Thor zu sehen ist, der durch einen Fluss watet und den Gott Loki mittels seines Gürtels hinüber zieht. Nach dieser Deutung wäre Thor als Vegetationsgott des beginnenden Jahres zu sehen, was unserer Zuordnung des Gottes zur linken Kästchenseite als Sinnbild des Frühjahrs entspricht. In der skandinavischen Tradition war "Orions Gürtel" auch als Friggs oder auch als Freyjas Spinnrocken (friggerock) bekannt.6 Über Baldrs Mutter, Frigg, ergibt sich ein weiterer Bezug zur Sonne, die diekt neben diesem Sternbild im Zentrum des Bildes steht.
Die Häufung der Sterne dort, wo der Bogenschütze den Sommer sichert, erinnert an die Scheibe von Nebra. Dass es sich bei dem "Sternenhaufen" auf jener Himmelscheibe um die Plejaden handelt, kann man dort aus der Siebenzahl
Die Annahme, es könne sich um die Plejaden handeln, wird von der Zuordnung der Monate zu den Sternen (Abb.2; Jahreszyklus) bestätigt. Der Frühaufgang der Plejaden (ein Datum, das sich verschiebt und heute im Juli liegt) fiel damals auf Ende Mai7, und mit eben diesem Monat, Ðrimilcemonað (Mai), beginnt die Sternengruppe um Ægil, während der Frühuntergang im November hier auf den Für den Winterpunkt nehmen wir als Hypothese vorerst den Wendekreis des Stiers an, verzichten aber an dieser Stelle auf jegliche Festlegung. Geol, das Julfest, steht im Zentrum beider Monate, die wir als Winter bezeichnen. Unklar bleibt dennoch, ob diese Zeit nicht aus dem Jahreskreislauf heraus fällt, der nur drei Jahreszeiten kennt, so wie wir der Aufbau der Kästchenseiten nahe legt.
Bei dem Versuch, die astronomische Himmelskarte mit unserer Rekonstruktion zur Deckung zu bringen, muss man zum einen den zeitlichen Abstand (Nebra vor ca. 3600 Jahren, Franks Casket vor 1400 Jahren, Karte [Foto-Negativ] heute) beachten, zum anderen die unterschiedlichen Orte der Beobachtung. Zudem versucht die Darstellung, Monate und Jahreszeiten mit den Sternen zur Deckung zu bringen, was die leicht verschobene Position von Pleione und Atlas erklären mag. Dass die Plejaden hier im Kreislauf der Jahreszeiten auftauchen, ist nicht überraschend, denn das Siebengestirn diente in den alten Kulturen als Fixpunkt in diesem Zyklus: Ihr Frühaufgang im Mai und der Frühuntergang im November waren Signale für Feldbestellung und Schifffahrt.8
Mit Blick auf unser Bild stellen wir fest, dass der Bogenschütze fünf der sieben "Schwestern" um sich sammelt, die übrigen zwei tauchen beim Schildträger der Herbst-Tag-und-Nachtgleiche auf (unten im Bild) auf, wo sie für Winterfylleð und Blotmonað stehen. Diese Position ist mit Bedacht gewählt, da der Frühuntergang der Plejaden im November (Blotmonað) das Ende des Sommerhalbjahres anzeigt.
Es bleibt die Frage, ob im Zentrum, passend zum Sternenhimmel, der Mond dargestellt ist, der ja tatsächlich die Plejaden quert. Da es aber hier um den Jahreskreislauf der Sonne, um ihren Tod und die Wiedergeburt geht, wird sie dargestellt sein. Wäre es so, dann könnte die aus S-Runen gestaltete Befestigung den Palast der Sonne darstellen, und die Figur unter dem quasi sakralen Bogen wäre die Sonnengottheit. Eine Antwort könnten astronomische Betrachtungen liefern. Mit dem Deckel wölbt sich der Sternenhimmel der Asen über den Seiten des Runenkästchens, die das Schicksal des königlichen (?) Kriegers lenken sollen, die zugleich Jahre und Jahreszeiten, Monate, Wochen und Tage in diesen Zauber auf dem Weg nach Walhall einbinden. Die Ekliptik und der Tierkreis (Zodiak) Entfernen wir nun alles Szenische oder Emblematische des Deckelbildes, dann bleibt eine Konstellation von Punkten rund um die Scheibe im Zentrum, die an einen Sternenhimmel – ähnlich dem auf der 2000 Jahre älteren Himmelsscheibe von Nebra – denken lässt. Es dürften jene Gestirne sein, an denen sich einfachere kalendarische Beobachtungen der Landwirtschaft und der Schifffahrt orientierten, und das sind Sternbilder, die den Beginn oder das Ende einer Jahreszeit anzeigen. Diese 12 eingefügten Punktmarken oder Gestirne lassen sich den Monaten des Jahres gleichsetzen, wobei sie einzelne Sternbilder widerspiegeln und jede Punktmarke einen Monat im Jahreskreislauf vertritt. So wie wir schon zuvor (Inschriften: Vorderseite und linke Seite) solchen Zeichen Runenqualität, d.h. Begriff und Zahl und Wert, zugemessen haben [* = 1 = f (feoh, Vieh); ** = 2 = u (ur, Auerochse); *** = 3 = T(thorn, Dorn) usf.], so stehen diese 12 Zeichen recht sinnvoll für die J-Rune j (ger, Jahr). Diese Punktmarken nun sind zu Sternbildern angeordnet, die – soweit wir sehen – sinnvoll der jeweiligen Jahreszeit entsprechen. (Abb.6 Sternbilder und Sonnenstände) Um dem Jahreszyklus zu folgen, beginnen wir mit dem Segment [oben links], das auf Æfterra Geola folgt und Solmonað (Februar) und Hreþmonað (März) verbildlicht. Hier stehen drei Sterne in einer Reihe und entsprechen damit dem Gürtel des Orion, bestehend (mit jeweils 10 Abstand voneinander) aus den drei Sternen Mintaka, Alnilam und Alnitak. Der Orion gehört zu den Sternbildern des Winterhimmels und wird im Februar am Abendhimmel sichtbar, um sich von dort Mitte April zu verabschieden. Und genau diese drei Monate in unserer Grafik [Jahreszyklus] korrespondieren mit den drei Sternen des Gürtels, die hier waagerecht, also so wie bei ihrem scheinbaren Untergang (das Verschwinden des Bildes unter dem örtlichen Horizont) dargestellt sind. Zu dieser Deutung (um 650 AD) passt für unsere Breiten zudem, dass man hier in den drei Sternen einen Pflugstock sah, was auf Frühjahr und Landwirtschaft hinweist. Bei den Wikingern fand sich zudem oft die Interpretation, wonach im Orion der Gott Thor zu sehen ist, der durch einen Fluss watet und den Gott Loki mittels seines Gürtels hinüber zieht. Demnach wäre Thor als Vegetationsgott des beginnenden Jahres zu sehen, was unserer Zuordnung des Gottes zur linken Kästchenseite, Sinnbild des Frühjahrs, entspricht. In der skandinavischen Tradition war "Orions Gürtel" auch als Friggs oder auch als Freyjas Spinnrocken (friggerock) bekannt. Über Frigg, Odins Gemahlin und Baldurs Mutter, ergibt sich ein weiterer Bezug zur Sonne, die vom Zentrum her das Bild beherrscht. Da Mintaka, der dritte Gürtelstern, für den März steht, ist der Schildträger, der das Sternbild Schild (Scutum) verkörpert, hinreichend gekennzeichnet.
Der Aufbau des Deckelbildes entspricht der Abfolge der Jahreszeiten, so wie ihn der (scheinbare) Lauf der Sonne (Ekliptik) bestimmt. Die Frostriesen (isländisch: Hrímþursar), Erzfeinde der Asen, versinnbildlichen den Winter (Norden), während der Bogenschütze den Sommer (Süden) verteidigt. Wenn also Norden und Süden und damit die Sonnenwenden dokumentiert sind, dann vertreten die beiden unbekleideten Schildträger Osten (oben) und Westen (unten). Mit den vier Himmelsrichtungen verbildlichen sie zugleich die Sonnenwenden bzw. die Äquinoktien (Tagundnachtgleichen).
Solmonað, der Februar feiert die wiedergeborene Sonne (Sol), die den Jahreszyklus einleitet. Damit ist nun wieder der Bezug zu Orion gegeben: [Orion], Sohn des Meeresgottes Poseidon, soll die Insel Chios von wilden Tieren befreit haben. Als er jedoch Merope, die Tochter des Königs Oenopion vergewaltigte, wurde er zur Strafe von ihrem Vater geblendet. Orion wanderte blind nach Osten, um von den Strahlen der Morgensonne geheilt zu werden. Eos, die Göttin der Morgenröte, verliebte sich augenblicklich in ihn. Die keusche Jagdgöttin Artemis missgönnte ihr den jungen Mann und erschoss ihn mit einem Pfeil. Orion und die Plejaden wurden am Himmel verewigt, letztere als „Siebengestirn“. Somit lässt sich zum einen der Bezug zum Monatsnamen erklären, zum anderen aber auch der Zusammenhang mit dem folgenden Sternbild, dem der Plejaden (gr. Πελειάδες, Tauben) begründen. Sie wurden als die jungfräulichen Begleiterinnen der Artemis bezeichnet, die Orion über die Wiesen Böotiens verfolgte, bis sie in Tauben verwandelt und als Sternbild in den Himmel versetzt wurden. Das Sternbild, markiert mit seinem Frühaufgang im Mai den Sommeranfang. Von den „Sieben Schwestern“ sind nur 5 gut am Nachthimmel erkennbar, und so kennzeichnet die Gruppierung um den Schützen die 5 Monate zwischen den beiden Äquinoktien.
Deren Namen werden der Jahreszeit gerecht: Wenn nun hinter unserem Bild eine astronomische Begrifflichkeit steht, dann sollte sich die Bildkompo¬sition von daher deuten lassen. Einen ersten Anhalt bietet der Schütze (lat. Sagittarius), der als Sommer-Sternbild in Opposition zu den beiden Riesen steht. Wenn mit ihm das Zeichen des Tierkreises (Zodiak) verbildlicht ist, dann müsste ihm das Winter-Sternbild Zwillinge (Gemini) gegenüberstehen. So gesehen wird es sich bei den Hünen um eben dieses Brüderpaar handeln. Der Mythologie nach sind es Kastor und Pollux, die Zeus als Sterne an den Himmel gesetzt hat und die hier sowohl als riesenhafte Menschen wie auch als Sternenduo eingefügt sind. Da sie der Sage nach zwischen dem Totenreich und dem Götterhimmel hin und her wechseln, stehen gerade sie für Tod und Wiedergeburt, ausgedrückt durch das Zeichen . Wenden wir uns noch einmal dem Schützen zu, der hier Ægil (Agil) heißt. An seiner Stelle stand traditionell der Zentaur Chiron , der dem jungen Achilles unter anderem das Bogenschießen beigebracht hat. So mag es sein, dass hier der griechische Heros anstelle Chirons den Schützen versinnbildlicht und seinerseits von Ægil ersetzt wird. Vergleichen wir nun die Schreibungen und Ἀχιλ, die griechische Schreibung, miteinander, so wird eine solche Übernahme noch wahrscheinlicher. Letztlich hat auch das eigentliche Symbol der Sommersonnenwende, Chiron, etwas mit dem Thema Tod und Auferstehung gemeinsam, denn Zeus erlöste den Unsterblichen von seinen Qualen (Tod), indem er ihn an den Sternenhimmel versetzte (Auferstehung).
Bleiben noch die Äquinoktien. So wie man am Nachthimmel die Sternbilder sieht, die jenen gegenüber liegen, in denen die Sonne steht (leuchtet sie im Schützen, erblickt man, um 180 entgegengesetzt, die Zwillinge, und umgekehrt). So sieht man zum Frühjahrsäquinoktium, wenn die Sonne im Widder steht, das Sternbild Jungfrau, während zum Herbstäquinoktium der Widder am Himmel erscheint und die Sonne in der Jungfrau steht. Aber diese Sternbilder taugen nicht zur Identifikation der Tagundnachtgleiche, also des Zeitpunktes, an dem die Sonne den Himmelsäquator im Frühlings- beziehungsweise im Herbstpunkt passiert. Und hier kommen unsere Schildträger zum Zuge. So bietet sich das Sternbild „Schild“ (lat. Scutum) an, eine Konstellation in der Nähe des Himmelsäquators. Rechnet man ca. 1400 Jahre zurück (Datierung des Kästchens), dann dürfte das Sternbild am Schnittpunkt von Ekliptik und Himmelsäquator gestanden und damit den Frühlingszeitpunkt markiert haben . Hatte man den einen Zeitpunkt optisch ermittelt, konnte man den anderen (sechs Monate später) errechnen, ein Zeitpunkt, zu dem das Sternbild in der Sonne stand. Das Deckelbild scheint demnach das Jahr in zwei Hälften zu unterteilen: Sommer (Plejaden 5) und Winter (Kastor und Pollux [2] sowie Orion [3]), getrennt durch die Äquinoktien (2). Dabei verbildlichen Kastor und Pollux zusammen mit dem Oriongürtel den Winter (5), während die Plejaden (5) für den Sommer stehen. Die letzten 2 Sterne dürften zum Herbststernbild Widder gehören, durch das die Sonne vom 18. April bis zum 13. Mai wandert [Wegen der Präzession der Erdachse um ca. 20 damals März/April]. Die beste Beobachtungszeit für dieses Sternbild bieten folglich die Monate von Oktober bis Januar [damals September bis Dezember]. Da aber Dezember und Januar hier dem Duo Kastor und Pollux zugeordnet sind, stehen die beiden hellsten Widdersterne, Hamal und Sheratan, für Oktober (Winterfylleð) und November (Blotmonaþ). Damit kennzeichnen vier Sternbilder der Ekliptik den Jahreskreis: Kastor und Pollux (2) als Wintersternbild, die Gürtelsterne des Orion (3) als Frühjahrskonstellation, die Plejaden (5) als Sommersternbild, und für den Herbsthimmel steht der Widder (2). Dabei ist – wie dargelegt - jedem Stern ist ein Monat zugeordnet.
Der Mann mit dem Schild (scutum) [unten] verkörpert den September (Haligmonaþ) und damit die Herbst-Tagundnachtgleiche, wofür der Schild (Scutum als Sternbild) steht. Dieser Kreislauf von „Werden, Vergehen und Wiedergeburt“ spiegelt sich in vielen Religionen wider. So in der germanischen Mythologie: Der Sonnengott Baldur wird (indirekt) durch Lokis Pfeil getötet. [Mit dem Bild ist die Sommersonnenwende gemeint] Sein Sterben ist aber nur der Anfang seiner Reise. [Diese steht für die schwindende Leuchtkraft der Sonne] In der epischen Schlacht am Tag der Ragnarök zerstörten sich Götter, Riesen und Menschen gegenseitig und weihen die Welt dem sicheren Untergang. [Gemeint ist die Zeit von dem Herbst-Äqiniktium bis zum Winterpunkt] Doch es wurde auch prophezeit, dass die Lichtgestalt Baldur am Ende des Ragnarök aus dem Totenreich Helheim wiederkehren und mit seinem Glanz das Zeitalter einer neuen Welt einleiten werde. [Ab der Wintersonnenwende werden die Tage allmählich wieder länger. Die Sonne kommt wieder zu Kräften, was Baldurs Wiedergeburt ankündigt.]
In der griechischen Mythologie war Helios (gr. Ἥλιος, „Sonne“) der Sonnengott. Zusammen mit Selene (Mondgöttin) und Eos (Morgenröte) war er das Kind von Hyperion und Theia. Dem entspricht in der römischen Mythologie Sol (lat. sol „Sonne“). Er ist der Sonnengott der antiken römischen Mythologie. Bekannt ist er vor allem in seiner seit dem 2. Jh. n. Chr. gebräuchlichen Erscheinungsform als Sol Invictus (lat.; unbesiegter Sonnengott).
Die zum Christentum bekehrten Griechen und Römer übertrugen diese Vorstellungen auf Christus. So zeigt ein Deckenmosaik der St. Peter Basilika, Rom (3. Jh.) Jesus Christus als Sonnengott. Der triumphierende, unbesiegte Gott Christus wird von zwei Pferden in seinem Sonnenwagen gezogen. Der Heiligenschein wird zum Strahlenkranz (mit Kreuznimbus) des Sonnengottes. Die Weinranken des Dionysus, der nach griechisch-römischer Mythologie aus der Unterwelt auferstand, werden zu Weinranken Jesu.
Und so liegt es nahe, diese Vorstellung auch auf das Runenkästchen zu übertragen, das ja mit dem Magierbild (Jesus als Sol; Maria als Luna) auf den unbesiegten Christus als Sol Invictus anspielt und mit dem Deckelbild von Ragnarök erzählt. Was sich dort abspielt, das hat auf den Seitenplatten seine irdische Parallele: Überraschende Entsprechungen zu unserem Bild liefert das Mithras-Relief aus Heidelberg (2. Jh.), das die Römer hinterlassen haben. Der Mithraskult war ein seit dem 1. Jh. n. Chr. im ganzen römischen Reich verbreiteter Mysterienkult. Mithras ist eine römische Göttergestalt, eine mythologische Personifizierung der Sonne, die im Mithraismus verehrt wurde. Der Name Mithras geht auf den Gott Mithra aus der iranischen Mythologie zurück, auf die Matthäus (2.1) anspielt, wenn er die Besucher Μάγοι ἀπὸ ἀνατολῶν (Magier von Osten) nennt. Dieses Mithras-Relief stellt eine interessante Parallele zu unserem Deckelbild dar. 14 Bilder rahmen die Tauroktonie [Stiertötung]. Sol und Luna sind in die oberen Bildecken gesetzt. Unten im Bild erkennen wir eine Schlange. Die „Schlange“ (lat. Serpens) ist ein Sternbild des Sommerhimmels, das in der Nähe des Himmelsäquators verläuft und so die Tagundnachtgleiche symbolisieren könnte. Auch hier erscheinen Zwillinge, Cautes und Cautepates, die den Dioskuren Kastor und Pollux oder Romulus und Remus gleichen. Wenn der linke die Fackel senkt, deutet dies auf das Ende (Tod) des Jahres zur Wintersonnenwende hin, während sein Gegenüber mit der erhobenen Fackel die Sommersonnenwende (Auferstehung) verbildlicht. Auch thematisch entsprechen sich Schnitzerei und Relief: Während Ragnarök das Ende des Äons und dessen Neuschöpfung darstellt, opfert Mithras den Stier (Tierkreiszeichen Taurus) zur Erneuerung der Welt. Aus dem Blut und Samen des Stiers regenerieren sich die Erde und alles Leben. Die Stelle, wo er (auf dem Relief) mit dem Dolch zusticht, entspricht im Sternbild den Plejaden, jenem Sternbild also, in dem unser Schütze Ægil steht. Neben dem Sonnengott Mithras gibt es mit dem ägyptischen Sonnengott Horus eine weitere Parallele.
Horus wurde am 25. Dezember von der Jungfrau Isis geboren. Seine Geburt wurde von einem Stern im Osten begleitet. Dem Stern folgten drei Könige, um den Retter zu finden und zu beschenken. Mit 12 Jahren war Horus Lehrer und mit 30 Jahren wurde er (von Anubis) getauft und begann sein geistliches Wirken. Er hatte 12 Jünger, mit denen er umherreiste und Wunder vollbrachte (z.B. Kranke heilen oder auf Wasser laufen). Er wurde auch die Wahrheit, das Licht, Gottes gesandter Sohn, der gute Hirte, das Lamm Gottes genannt. Typhon hat Horus verraten, und er wurde ans Kreuz genagelt. Horus starb, und wurde begraben, um nach drei Tagen aufzuerstehen. Wenn das Deckelbild des Runenkästchens in die Reihe der Interpretationen kosmischer Abläufe gehört, wie sie weltweit seit der Antike und zuvor beobachtet, erzählt und illustriert worden sind, dann müsste sich Vergleichbares auch hier finden. Parallelen sind die 12 Sterne, die der Anzahl der Jünger entsprechen. Dass 3 von ihnen, das Orion-Trio, auch für die Magier stehen können (Kindheit), muss kein Widerspruch sein. Vom Frühlings-Äquinoktium, dessen Sternbild „Jungfrau“ nun am Himmel steht, bis zum Wintersternbild „Zwillinge“ sind es 9 Monate des Werdens (Schwangerschaft der Jungfrau). Somit würde das Erscheinen der aufgehenden Sonne der Geburt des Sonnengottes entsprechen. Die Festung mit dem Bogenschützen [durch Konstruktion (27 S-Runen) und Zahl (54 Zinnen-Elemente) sowie Odins 3 valknutr] symbolisiert den Zenit auf der Sonnenbahn, personifiziert im Sonnengott (als der Odin auch gesehen wird). Das Szenario des Verrats und damit der Abstieg würde sich mit dem Herbst-Äquinoktium decken, das mit dem Anbruch des Winters gewissermaßen die Passion ahnen lässt. Der vom Pfeil Getroffene, der für den Blotmonaþ, den Blut- oder Opfermonat steht, symbolisiert das Selbstopfer jener Menschheitserlöser wie Horus, Mithras, Christus u.a. mehr. Mit dem Dezember, hier durch Kastor personifiziert, stirbt der Sonnengott (21. 12), um – nach drei Tagen in der Unterwelt mit Pollux (25. 12.) wieder aufzuerstehen. Der Jahreskreislauf aber setzt sich mit Tod und Auferstehung bis zum Ende der Zeit fort; 432000 Jahre bis zum nächsten Ragnarök! Der Jahreszyklus nach dem Deckelbild:
Es sind noch Fragen zu klären, wie z.B. nach der Bedeutung der Pfeile und ihrer Anordnung; aber so viel dürfte erwiesen sein: Das Deckelbild des Runenkästchens feiert Odin (Wotan/Woden) als Sonnengott nach dem Bild des Sol Invictus, es sei denn, ein just zum Christentum bekehrter Runenmeister hätte hier mit traditionellen Mitteln den neuen Erlöser – Jesus als Sol Invictus an Ragnarök – begrüßen wollen. Somit gehört das Deckelbild des Runenkästchens zu den Interpretationen kosmischer Abläufe, wie sie weltweit seit der Antike und zuvor beobachtet, erzählt und illustriert sind; eine faszinierende Geschichte!
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Fußnoten
1 13 Monate zu 28 Tagen ergeben ein lunares Jahr von 364 Tagen. Solares und lunares Jahr scheinen auch die Runenreihe zu bestimmen: Die 13te Rune vom Ende des futhark gezählt, ist (ger, Jahr), vom Anfang gezählt ist es die 12te. Das mag die Kalenderfunktion der Runenreihe erklären.
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