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Egil, ein himmlischer Bogenschütze
Der Deckel war aus drei Segmenten zusammengesetzt, von denen nur das mittlere erhalten ist. Eine umlaufende Inschrift nach dem Muster der anderen Seiten kann es hier nicht gegeben haben, da die Bildplatte die ganze Kästchenbreite abdeckt, folglich auch rechts und links Wortfragmente tragen müßte. Eine Textzeile nur auf dem oberen und/oder unteren Teilstück ist eher unwahrscheinlich, Von der bildlichen Darstellung her scheint diese Szene auch nach unten und oben hin abgeschlossen zu sein. Vielleicht haben Silberbleche die verlorenen Segmente abgedeckt; schließlich hat ja die Entwendung des Edelmetalls zum Zerfall des Kästchens geführt. Denkbar wäre es, dass mit den Blechen die Dachbedeckung Walhalls (Schilde sind die Schindeln, Schäfte sind die Sparren) angedeutet war. Die beiden verlorenen Knochenplatten trugen deshalb wohl keine Schnitzerei, weshalb sie auch nicht aufbewahrt worden sind. Damit bleibt nur das Wort Ægili1, der Name eines Bogenschützen, den die Sagentradition zum Wielandbruder machte, - der er hier vielleicht schon ist. Ob diese Darstellung auf dem verschollenen Mythos von einem solchen Meisterschützen in Walhall beruht, bleibt offen. Eher wahrscheinlich ist der kompositorische Umgang mit den Elementen, der sich an dem Bedarf der Magie orientiert. Schließlich hätte es nahe gelegen, den Asen Ull2, einen herausragenden Bogenschützen zu zitieren; aber an dieser Stelle mußte wohl aus den genannten Gründen die Rune eingesetzt werden, was dem Meisterschützen Egil (hier: Ægil) zu einer unverhofften Apotheose verholfen haben mag. Wenn in der Literatur3 auf den griechischen Heros Achilles verwiesen wird, was vom Lautwandel her zutreffen kann, so fehlt dort jedoch die inhaltliche Begründung. Die aber ergibt sich aus unserer Deutung (s.u. Deckel (Æ-Platte) - Die Plejaden, der Jahreszyklus und die Tierkreiszeichen), wonach dieser Bogenschütze Egil das Sommersternbild (sic!) „Schütze“ symbolisiert. In traditionellen Tierkreisdarstellungen steht hier der Zentaur Cheiron, welcher der Sage nach dem jungen Achilles das Bogenschießen beibrachte.
1 Egil ist schon der Lieder-Edda bekannt. Hier wird er im Wielandlied (Völundarkviða) zusammen mit seinen zwei Brüdern Wieland (Völund) und Slagfidr erwähnt. Sie kommen bei der Jagd an einen See, an dessen Ufer drei Frauen Flachs spinnen. Es sind Walküren mit den Namen Hladgud Swanhwit (Hladgud die Schwanenweiße), Herwör Alwit[1] und Ölrun (dt. Alrun). Jeder der drei Brüder nimmt eine von ihnen zur Braut, wobei Egil die Alrun wählt. Nach neun Jahren jedoch verlassen die Walküren ihre Männer um wieder in die Schlachten (örlög) zu ziehen. Daraufhin beginnen Slagfidr und Egil ihre Frauen zu suchen. Wieland bleibt allein zurück und gerät bald in König Nidungs Gefangenschaft aus der Egil ihn dann befreit. Als hervorragender Schütze wird Egil dreimal in der Thidreksaga erwähnt. Das erste Mal, als er an den Hof des König Nidungs kommt und als Bewährungsprobe den berühmten Apfelschuss vollführen muss. Das zweite Mal als, er für seinen Bruder Federn von Wildvögeln sammelt. Aus diesen Federn macht sich Wieland die Flügel, welche ihm, da er aufgrund durchtrennter Kniesehnen nicht laufen kann, die Flucht durch die Luft ermöglichen. Und schließlich ein drittes Mal, als König Nidung Egil auffordert seinen fliehenden Bruder vom Himmel zu schießen. Egil zielt aber, wie vorher mit seinem Bruder vereinbart, auf eine Kalbsblase voll Blut, welche Wieland unter seiner Achsel trägt. (Quelle Wikipedia)
2 Uller, „der Ehrenhafte“; (altengl. wuldor: „Glanz, Ruhm“), auch Ull, Holler, Oller oder Vulder genannt, ist in der nordischen Mythologie der Gott des Winters, der Jagd, des Zweikampfes, der Weide und des Ackers. Er gehört den Asen, dem jüngeren Göttergeschlecht, an und wohnt der Sage nach in seiner selbst gebauten Halle Ydalir (Eibental) in Asgard.
3 So Karl Schneider, Festschrift Fischer, 6 f. und andere> Schon die Ähnlichkeit der Rune mit dem griechischen Buchstaben (chi) mag zu einer solchen Deutung führen. Der i-Auslaut seines Namens ist recht ungewöhnlich, wird aber wiederum von runenmagischen Praktiken (Anzahl und Wert der Runen) bestimmt sein. |
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