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2. Vorderseite links: Wieland-Bild
Feoh byþ frofur fira gehwylcum;
Reichtum ist ein Trost allen Menschen;
Wenig christlich erscheint uns das Wielandbild, versteht man es als Darstellung der blutigen Rache eines Menschen an seinem Peiniger. Aber in der alten Sagentradition, die hinter dem Bilde steht, ist der Schmied ein Albe, der in die Gewalt eines habgierigen Widersachers, Nidhud, geraten ist1. Nach dem Eddalied ließ dieser ihm die Kniesehnen durchschneiden, um ihn am Entkommen zu hindern. Ursprünglich bedeutete das wohl, daß man ihm die Möglichkeit genommen hatte, seine menschliche Gestalt abzulegen, um dann als Vogel zu entfliegen So zeigt das Bild den Schmied am Amboß. Zu seinen Füßen liegt der enthauptete Körper eines Knaben, es ist ein Sohn des Nidhud. Den Kopf hält er in der Zange. Aus dem Schädel wird er einen Pokal fertigen. Wenn der ahnungslose Vater nun aus der Hirnschale seines Sohnes trinkt, so wie man es gewöhnlich mit den umfunktionierten Köpfen erschlagener Gegner tat, wird er seine im Sohn sich fortsetzende Lebenslinie auslöschen. Doch die Sippe setzt sich auch in der Tochter fort, und die steht hier neben dem Amboß. Beaduhild greift nach dem Becher, den Wieland ihr reicht. Sie wird das betäubende Bier trinken und dann vom Schmied geschwängert werden. Wenn sie sein Kind trägt, ist auch das Fortleben Nidhuds über die Linie der Tochter unmöglich geworden.
Neben dem Mädchen, durch ornamenthafte Symbole abgegrenzt, steht eine Frau, die eine Flasche unter ihrem Umhang zu verbergen sucht. Wenn sie es war, die das betäubende Bier brachte (Bierbrauen ist Sache der Frau, und Gift ist die weibliche Waffe), dann wird es sich hier um die Gefährtin des Alben handeln, um die Schwanenjungfrau, von der das Wielandlied erzählt. Sie hat ihm bei der Vollendung der Rache geholfen, und somit kann der Albe nun in Vogelgestalt (das zeigt auch der gotländische Bildstein Und damit hat auch dieses Bild eine doppelte Funktion: Zum einen stellt es den Alben, den Mehrer des Wohlstands dar, dessen Abbild helfen möge, das Kästchen zu füllen 2, zum anderen steht es emblematisch für die Beziehung unseres Helden zu seiner Frau, wenn nicht sogar zu seiner fylgja.
Da kein Detail ohne Bedeutung ist, wenden wir uns nochmals den Bildelementen zu, auch auf die Gefahr hin, spekulative Schlüsse zu ziehen. Da entdecken wir zunächst eine Punktmarke über dem Kopf des Schmiedes, und zwei weitere stehen über dem Thron der Jungfrau. Wenn nun ein Punkt in den Inschriften den Wahrscheinlicher wird solche Deutung, wenn die Zeichen über dem abgeschlagenen Kopf in der Zange und neben dem Kopf Beaduhilds als n-Runen gedeutet werden. bedeutet Not, Gefahr. Die Rune ritzte man sogar ins Trinkhorn, um sich vor vergiftetem Bier zu schützen. Was paßt da besser?
Auch das Zeichen rechts und links neben dem Kopf der Walküre verdeutlicht das Gemeinte. Es wird sich um eine florale Variante der Rune handeln, die im
Vogelspuren im Schnee
Verzichten wir darauf, die Elemente des Thronsessels (Punkte) und der Stufen (Zacken) zu zählen,
Mit den so gedeuteten Bildern ist auch der Bezug zur Inschrift klar, denn thematisch wiederholen diese, was die alliterierenden Runen in den Versen vom Wal beschwören: Geld () und Gaben (). 1 Dazu W. Golther, Handbuch der germanischen Mythologie (1895)s. 128 f.: "Aber Wölund heißt alfa ljóþi, alfa visi, d.h. der Elben Fürst und Beherrscher. Die Schmiedekunst wird ursprünglich den Elben überhaupt zugehört haben und erst allmälig den Zwergen insbesondere überwiesen worden sein. ... Die Elben können jede Gestalt annehmen. Unter Menschen erscheinen sie meistens in menschlicher Grösse. ... Die Elben sind edel und hilfreich, aber auch äußerst boshaft ..." 2 Boethius († ~ 525) erwähnt in seinem Werk „Trost der Philosophie den Römer Fabricius, dessen lat. Name „Schmied“ bedeutet. König Alfred (Alfred the Great * 849 †899) ersetzt diesen Namen in seiner Übersetzung des Werkes mit ‚Welund’ (Wieland) und fügt die Apposition 'der weise Goldschmied' hinzu. Dies weist zum einen darauf hin, dass Wieland der Inbegriff des Schmiedes war, zum anderen, dass seine Taten (Tötung der Söhne und Vergewaltigung der Tochter Niðuds) nicht von dem christlich denkenden König Alfred moralisch verurteilt wurden, - vermutlich, weil er sie als Befreiungstat verstand. 3 Karl Schneider, Die germanischen Runennamen (1956) wies als erster auf diese Deutungsmöglichkeit hin. |
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